Interview mit
Olympia-Groom Marie Johansson
Du wolltest schon immer mal wissen, wie es ist, auf Elite-Niveau als Groom zu arbeiten? Wir haben uns mit Marie Johansson unterhalten, die im Sommer 2024 bei ihren fünften Olympischen Spielen als Groom für den schwedischen Dressurreiter Patrik Kittel dabei war.
Rebecca
Thu 10 Oct - 24
Interview mit
Olympia-Groom Marie Johansson
Du wolltest schon immer mal wissen, wie es ist, auf Elite-Niveau als Groom zu arbeiten? Wir haben uns mit Marie Johansson unterhalten, die im Sommer 2024 bei ihren fünften Olympischen Spielen als Groom für den schwedischen Dressurreiter Patrik Kittel dabei war.
Rebecca
Thu 10 Oct - 24
Marie Johansson begann im Alter von sechs Jahren mit dem Reiten. Ihre Karriere im Reitsport begann sie zunächst als Reitlehrerin in Schweden bevor sie Groom für Patrik Kittel in Deutschland wurde. 2021 wurde sie von der FEI als beste Groom ausgezeichnet – ein Beweis für ihre Leidenschaft und ihr Können. Sei bei unserem Interview mit Marie dabei! 👇
Für jemanden, der dich nicht kennt, wie würdest du Marie Johansson beschreiben?
– Als eine fröhliche und positive Person. Wenn jemand Hilfe braucht, versuche ich immer, da zu sein!
Wann kamst du zum ersten Mal in Kontakt mit Pferden?
– Ich begann mit sechs Jahren zu reiten, als meine Cousine mich mit in den Stall nahm. Ich ritt dort viele Jahre, bevor eine andere Reitschule näher bei uns zu Hause öffnete. Dann begann ich dort zu reiten und arbeitete an den Wochenenden, bevor ich Reitlehrerin wurde.
„Ich dachte mir direkt: ‚Mist, was habe ich getan, ich weiß nichts über Dressur‘.“
– Marie Johansson
Wie kam es dazu, dass du bei Patrik angefangen hast?
– Als ich an der Reitschule arbeitete, fuhren wir immer nach Göteborg zu den großen Shows. Ich war immer fasziniert von den Grooms, die sich um die schönen Pferde kümmerten, und fand es einen spannenden Job. Als dann Patrik eine Stelle als Turnier-Groom in einer schwedischen Zeitschrift ausschrieb, schickte ich ihm eine E-Mail. Am nächsten Tag antwortete er, dass ich nach Deutschland kommen könnte, um zur Probe zu arbeiten. Ich dachte mir direkt: „Mist, was habe ich getan, ich weiß nichts über Dressur, absolut nichts“. Als ich dort ankam, eröffnete sich mir eine ganz neue Welt und ich machte auch einige Fehler. Aber irgendetwas muss Patrik dazu gebracht haben zu denken, dass ich eines Tages eine gute Groom sein werde.
Wie sehen deine Tage aus? Gibt es einen „typischen Tag“?
– Ein typischer Tag sieht in etwa so aus:
07.00 Uhr Die Pferde füttern und alle Bandagen etc. entfernen.
07.30 Uhr Die Pferde auf die Paddocks lassen.
08.00 Uhr Patrik beginnt gegen 8 Uhr mit dem Reiten.
08.00-13.00 Uhr Bis zum Mittagessen wird hauptsächlich geritten und die Pferde auf den Paddocks gewechselt.
13.00-15.00 Uhr Mittagspause.
15.00-18.00 Uhr Die Nachmittage können unterschiedlich aussehen – falls einige Pferde noch nicht auf den Paddocks waren, bringen wir sie raus. Manche Pferde müssen auch zweimal raus, dann bringen wir sie ein zweites Mal raus.
18.00 Uhr Feierabend.
Wie bereitest du die Pferde auf eine Prüfung vor?
– Ich sorge dafür, dass sie in guter Form und glücklich sind. Die Pferde, um die ich mich kümmere, lieben es, auf Shows zu fahren. Man muss sie fast bremsen – ich glaube, wenn ich alle Boxentüren aufmachen würde, würden sie von alleine zum LKW rennen.
„Ich liebe meine vierbeinigen Kollegen und würde alles für sie tun.“
– Marie Johansson
Wie bereitest du dich selbst auf die Turniere vor? Hast du Tipps?
– Es ist wirklich wichtig, dass das Pferd sich bei mir ruhig und sicher fühlt, bis es in die Arena geht. Bis dahin darf ich nicht nervös werden – ich muss tiefenentspannt bleiben. Ich erinnere mich an eine Stute, die ich vor vielen Jahren hatte, die sehr sensibel war. Sie wollte fast in dich hineinkriechen, weil sie diese Geborgenheit und Beruhigung suchte. Den Moment in Rotterdam vor einigen Jahren werde ich nie vergessen: Als sie in der Arena waren, stand ich auf der kurzen Seite, wo sie vor den Richtern anhielten. Und ich sah, wie die Stute ihre Augen ein wenig drehte, um zu mir zu blicken. Es war ein ganz besonderes Gefühl, sie suchte wirklich den Augenkontakt mit mir. Ich schaute sie an und sagte einfach: „Es ist okay“, und es sah fast so aus, als würde sie einen Seufzer loslassen und sich denken: „Oh, okay, na dann los“. Es war wirklich ein besonderer Augenblick. Ich weiß noch, wie die Person neben mir noch meinte: „Wow, sie hat dich wirklich angeschaut und deine Beruhigung gespürt.“ Da merkt man wirklich, wie sehr sie dir vertrauen und dich suchen. Ich liebe meine vierbeinigen Kollegen und würde alles für sie tun. Ich würde für sie durchs Feuer gehen. Das war der stärkste Moment in all meinen Jahren als Groom, glaube ich.
Du arbeitest seit 2005 mit Patrik zusammen. Warum läuft eure Zusammenarbeit deiner Meinung nach so gut?
– Patrik ist vor allem ein sehr guter Chef. Er ist fair und es spielt keine Rolle, ob du erst ein paar Wochen oder schon mehrere Jahre für ihn gearbeitet hast – er sorgt dafür, dass alle glücklich sind und sich wohlfühlen.
Was sind deine Lieblingsmomente aus deiner Karriere?
– Ich habe einige Momente, die mir sehr am Herzen liegen.
Als Scandic bei den Europameisterschaften in Rotterdam 2011 Bronze gewann. Das war ein toller Moment.
Als wir in Falsterbo eine Abschiedsfeier für Scandic hatten. Es war wirklich ein besonderer Augenblick.
Als Touchdown den Weltcup in Riad gewann. Daran erinnere ich mich gerne zurück.
Als ich 2021 von der FEI als beste Groom ausgezeichnet wurde. Ich bin unglaublich glücklich und dankbar dafür. Es ist großartig zu sehen, dass wir Grooms immer mehr Anerkennung bekommen, und dass man erkennt, wie wichtig unsere Arbeit ist.
Was sind die größten Herausforderungen, denen du als Groom gegenüberstehst?
– Oh, das ist eine schwierige Frage! Ich weiß nicht, ob ich es als Herausforderung bezeichnen würde, aber ein wichtiger Teil des Jobs ist es, meine Kollegen – meine Pferde – in guter Form und glücklich zu halten. Es ist auch wichtig sicherzustellen, dass unsere Reiter glücklich sind und man immer einen Schritt vorausdenkt.
Was denkst du, ist die wichtigste Eigenschaft, um ein erfolgreicher Groom zu sein?
– Man muss positiv sein und bereit, den anderen Grooms zu helfen. Es ist wichtig, sich gegenseitig zu unterstützen. Und man sollte nicht aufgeben. Man kann nicht nach ein, zwei schwierigen Monaten kehrt machen und sagen: „Nein, das ist nichts für mich.“ Man muss dafür kämpfen. Du wirst dir selbst danken, wenn du merkst, dass du durchgehalten hast. Denn es lohnt sich. Es ist wirklich ein toller Job!