Filippa Norrman

Studium & Turniersport kombinieren

Interview mit Teamreiterin Filippa Norrman darüber, wie sie Studium und Turniersport unter einen Hut kriegt.

Lovisa

Mon 4 Sep - 23



Über Filippa Norrman
  • Studiert: Master of Science Ingenieurwesen mit Schwerpunkt Energiesysteme

  • Pferde: H.S Indigo, Dasras, Candies Delight, Bevinos 

  • Disziplin: Dressur

  • Instagram: @filippanorrman




An einem strahlenden Spätsommertag machen wir uns auf den Weg, um Filippa Norrman zu treffen – Turnierreiterin, Studentin an der Universität Uppsala und eine der ersten Teamreiterinnen von Maya Delorez. Der gewundene letzte Teil der Straße, die zum Hof führt, ist gesäumt von Weiden mit grasenden Pferden, und hinter dem Haus erhaschen wir einen Blick auf einen glitzernden See. Uns bietet sich ein wunderschöner Ausblick, als wir aus dem Auto steigen. Wir machen uns auf den Weg zum Stall, wo uns Filippa und ihre Mutter empfangen. Filippas Pferd Indigo, ein 14-jähriger Wallach, steht in der Stallgasse. Gemeinsam haben sie diesen Sommer so einiges erlebt: Unter anderem nahmen sie an der U25-EM in Ungarn teil und belegten den dritten Platz in der Lövsta Future Challenge U25. 


Das Herbstsemester hat gerade für Filippa begonnen, die sich nun in ihrem letzten Studienjahr an der Universität Uppsala befindet. Sie hat ein Semester voller Vorlesungen und Kurse vor sich und dann ein weiteres für ihre Abschlussarbeit, bevor sie sich stolz Ingenieurin mit Schwerpunkt Energiesysteme nennen kann. 


– Ein Ingenieurstudium mit diesem Schwerpunkt bedeutet, dass ich mich auf verschiedene Energiesysteme spezialisiere, also Bioenergie, Kernenergie, Windenergie, Solarenergie und Wasserkraft. Die ersten drei Jahre des Studiums sind ziemlich festgelegt, aber im Masterstudium können wir unsere spezielle Richtung wählen.

 

 

„Außerdem ist es super, nach einem langen Lerntag zum Stall zu gehen und zu reiten. Das ist eine willkommene Abwechslung.“

– Filippa Norrman

 


Filippa zeigt uns ihre Notizen aus den Vorlesungen dieser Woche, jede Seite ist von Anfang bis Ende mit Zahlen beschrieben. Für sie war es schon immer klar, dass sie studieren würde – auch wenn es nicht immer ganz leicht war.


– Ja, das war immer klar für mich. Ich habe Legasthenie, was die Schule für mich ziemlich schwer gemacht hat. Ich musste schon immer viel lernen, um mitzuhalten – etwas, das mir heute sehr entgegenkommt. Als ich an der Uni anfing, war ich bereits daran gewöhnt, viel zu lesen, was ja alle am Anfang des Studiums machen müssen. Detaillierte Notizen während der Vorlesungen sind Teil meiner Lernmethode geworden – das funktioniert für mich sehr gut.


Schon als Jugendliche musste Filippa lernen, Schule und Reitsport in Einklang zu bringen, was ihr dann den Übergang zur Universität erheblich erleichterte. 


– Ich besuchte die Celsius-Schule, ein sportorientiertes Gymnasium in Uppsala. Während dieser Zeit lernte ich, Schule und Sport unter einen Hut zu bringen. Damals war ich schon in der Nationalmannschaft und hatte vier Pferde – ich wusste also sozusagen schon, wie es läuft. Nach meinem Abitur habe ich auch ein halbes Jahr Mathe studiert, um zu sehen, ob das gehen würde. Und es hat gut geklappt!

Filippas Liebe zum Reiten begann schon in jungen Jahren, einerseits durch das Pferdeinteresse ihrer Mutter, andererseits durch ihre Zeit in der Reitschule. Mit 13 packte sie dann die Leidenschaft für die Dressur so richtig. Nachdem sie das Pferd ihrer Mutter übernommen hatte, wurde Filippa klar, dass sie Teil der Nationalmannschaft sein wollte – und ihr Wunsch sollte in Erfüllung gehen. Sie machte bemerkenswert schnell Fortschritte und innerhalb von nur zwei Jahren gewann sie Bronze bei den Schwedischen Meisterschaften der Junioren. 


– Als die Zeit gekommen war und wir mein Pony leider einschläfern mussten, begann ich, das Pferd meiner Mutter zu reiten. Sie war zwar ein Springpferd, aber eigentlich ein bisschen zu guckig dafür. Deswegen bin ich mit ihr dann zur Dressur umgestiegen. Es lief wirklich gut, und ich durfte für die Junioren-Nationalmannschaft reiten. Wir haben sogar zusammen eine Bronzemedaille bei den Schwedischen Meisterschaften für Junioren gewonnen.


Nach dem Gymnasium arbeitete Filippa Vollzeit mit Pferden, unter anderem am renommierten schwedischen Gestüt Lövsta und bei Elite-Dressurreiterin Jeanna Högberg. Aber sie merkte, dass es auf lange Sicht vielleicht nicht die beste Wahl für ihre eigene Reitkarriere war. 

  

 

„Außerdem merke ich, dass mir das Reiten hilft, meine Zeit besser einzuteilen. Besonders während der Prüfungsphasen.“

– Filippa Norrman

 

 

 – Ich habe in meiner Zeit in Lövsta und bei Jeanna eine Menge gelernt und das trage ich immer mit mir mit. Aber ich habe auch erkannt, dass es für mich möglicherweise schwierig sein könnte, meinen Lebensunterhalt nur durchs Reiten zu verdienen und mich gleichzeitig auf meine eigene Weiterentwicklung im Sport zu konzentrieren. Ich müsste Pferde kaufen und verkaufen, um finanziell über die Runden zu kommen. Aber naja, meine Pferde Indigo und Dasras sind ja meine besten Freunde, ich habe sie schon seit vielen Jahren. Deshalb habe ich mich entschieden, zu studieren – damit ich es mir leisten kann, meine Pferde zu behalten und nicht ständig Pferde kaufen und verkaufen muss. Stattdessen möchte ich in ihre Ausbildung investieren, damit sie so gut wie möglich werden.


Aktiv im hohen Turniersport zu reiten, während man studiert, mag für manche wie eine weitere Verpflichtung in einem ohnehin schon vollen Terminkalender aussehen – doch Filippa sieht es als Vorteil. 


– Manchmal kann es sich so anfühlen, als ob das Studium das Wichtigste im Leben ist. Dann fühlt es sich wie das Ende der Welt an, wenn man zum Beispiel bei einer Klausur schlecht abschneidet. Aber da ich ja noch meine Pferde habe, ist es eben nicht das Ende der Welt, wenn ich eine Klausur vermassle – denn vielleicht schneide ich bei einem Turnier wirklich gut ab, oder umgekehrt natürlich. Außerdem merke ich, dass mir das Reiten hilft, meine Zeit besser einzuteilen. Besonders während der Prüfungsphasen, wenn ich drei Prüfungen in einer Woche habe – da kann man nicht in der letzten Minute anfangen zu lernen. Und da ich weiß, dass ich nicht unendlich Zeit zum Lernen habe, versuche ich die Zeit in der Uni optimal zu nutzen. Außerdem ist es super, nach einem langen Lerntag zum Stall zu gehen und zu reiten. Das ist eine willkommene Abwechslung.



Filippas Tipps für diejenigen, die Studium und Turniersport miteinander verbinden möchten

1. Probiere erstmal, einen eigenständigen Kurs an der Uni zu besuchen. So bekommst du ein Gefühl dafür, ob das mit deinem restlichen Leben zusammenpasst. Du musst nicht gleich ein fünfjähriges Studium beginnen, wenn du dir unsicher bist. Einfach ausprobieren!

2. Denk daran, dass du eine Klausur im Notfall nachholen kannst, jedoch kein wichtiges Turnier oder Training. Was ich damit meine: Sei nicht zu hart zu dir selbst, falls du mal eine Klausur nachholen musst. Es kommen immer neue Möglichkeiten.

3. Seit der Pandemie gibt es viele YouTube-Videos und aufgezeichnete Vorlesungen, die du zum Lernen nutzen kannst. Frag deine Profs, ob es Aufzeichnungen gibt, auf die du zugreifen kannst.

4. Trau dich, Hilfe von deinen Mitstudierenden anzunehmen.   

5. Ich versuche zu lernen, wann immer ich Zeit habe. Oft lerne ich im Auto, wenn meine Mutter mich zu und von Trainingseinheiten und Turnieren fährt – man muss sich einfach seine Zeit zum Lernen schaffen. 



 


Um Studium und Reitsport unter einen Hut zu bekommen, muss man gut organisieren und Prioritäten setzen können und akzeptieren, dass man auf einige typische studentische Sachen vielleicht verzichten muss. Aber eins ist für Filippa klar: Zeit mit Freund:innen zu verbringen und Beziehungen zu knüpfen, ist ein Muss. 


– Für mich war es immer wichtig, Zeit mit meinen Freund:innen zu verbringen und neue Kontakte an der Uni zu knüpfen. Das hilft einem auch sehr während des Studiums. Es ist schwierig, komplett auf sich allein gestellt zu sein, vor allem, wenn man ständig zwischen Turnieren und Training hin und her pendelt. Ich schätze es sehr, dass ich mich auf meine Mitstudierenden verlassen kann, sei es, um Notizen zu teilen oder andere Formen der Unterstützung.  Ich nehme mir definitiv Zeit für meine Freund:innen, wenn auch nicht jeden Tag. Es geht einfach darum, Prioritäten zu setzen und gut zu planen. Natürlich muss man auf gewisse Dinge verzichten, wie zum Beispiel Partys und so weiter, aber ich sehe das als Ausgleich für andere einzigartige Erfahrungen, wie etwa bei der EM zu reiten.


Für die Zeit nach ihrem Studium kann sich Filippa vorstellen, ihre Reitkarriere fortzusetzen, solange es ihr Freude bereitet und sie die nötige Motivation dafür hat. Und wie steht es um ihre Karriere als Ingenieurin? Filippa sieht ein großes Potenzial im Bereich des Reitsports. 


– Solange es mir Spaß macht und motiviert bin, werde ich mich weiterhin voll und ganz den Pferden widmen. Es wäre fantastisch, auch beruflich im Reitsport tätig zu sein und meine berufliche Laufbahn mit meiner Leidenschaft zu verbinden. Zum Beispiel, die Energieeffizienz im Reitsport verbessern: Ich denke, es gibt bei vielen Reitanlagen in diesem Bereich noch Aufholbedarf. Aber ich bin bereit, zunächst einige Jahre zu arbeiten und mehr Erfahrungen zu sammeln.

 



Vier schnelle Fragen 


Welche drei Emojis beschreiben Indigo am besten?

🦄 🔥 🤩

Das Letzte, woran ich denke, wenn ich auf den Turnierplatz einreite...?

– Mit Indigo kann es manchmal schwer sein, am Turnier einzureiten. Also habe ich immer einen genauen Plan, wie wir das machen. Sobald wir dann am Platz sind, kann ich mich entspannen und mich darauf konzentrieren, unser Bestes zu geben.🕺
 
Einen Freitagabend verbringe ich am liebsten...?

– Am Turnier oder zu Hause auf der Couch mit leckeren Snacks.  🍉 🍓 🫐 🍬
 
Im Moment freue ich mich am meisten auf...?

– Die Turniere im Herbst und die letzten beiden Qualifikationsturniere der Lövsta Future Challenge – und natürlich mein letztes Studienjahr. 


Shoppe Filippas Look